Sich nicht mehr als Opfer fühlen

25.09.2016 Bogota, Colombia

Als ich das letzte Mal hier war, haben alle gefragt, wann es in Kolumbien Frieden geben würde. Und nun haben wir den Frieden! (Applaus.)

Das letzte Mal wollten wir uns für den Frieden einsetzen und heute haben wir den Frieden erreicht, weil ihr alle meditiert habt. Nun haben wir eine Menge Arbeit vor uns! Wir werden alle Soldaten und Leuchttürme des Friedens sein. Wir müssen alle zusammenarbeiten!

Was sind die Dinge, die wir tun müssen?

1. Die Menschen, die aus dem Dschungel kommen, befinden sich in einem andersartigen Geisteszustand, und wir müssen ihnen helfen. Da gibt es zwei verschiedene Situtionen: Menschen, die sich als Schuldige wahrnehmen, und Menschen, die sich als Opfer fühlen. Beide sollten sich ändern. Das Opfer soll sich nicht länger als Opfer fühlen, denn wir müssen uns im Leben verändern. Wir können nicht einfach an der Vergangenheit festhalten. Wenn du dich selbst bemitleidest, kannst du das dein ganzes Leben lang tun.

2. Wir müssen die Menschen dazu anhalten, zu vergeben und zu vergessen.

Ich möchte euch eine Geschichte von Buddha erzählen. Buddha nahm an einer Versammlung teil. Tausende von Menschen waren anwesend und meditierten. Nach der Meditation hielt Buddha eine Rede. Ein Mann, der sehr wütend war, rannte zu ihm, spuckte ihm ins Gesicht und beschimpfte ihn mit wüsten Wörtern. Die Menschen waren schockiert. Buddha war ruhig. Sein Lächeln verschwand nicht, auch wenn all die Schüler, die dort saßen, wütend wurden. Dann verschwand der Mann.

Am nächsten Tag kam derselbe Mann wieder, und jedermann versuchte, ihn aufzuhalten. Buddha jedoch meinte: "Nein, haltet ihn nicht auf, ruft ihn her!" Der Mann kam herein, fiel zu Buddhas Füßen nieder und bat um Vergebung. Buddha antwortete: "Ich kann dir nicht vergeben."
Alle waren betroffen. Dieser Mann weinte und bat um Vergebung, aber Buddha sagte, er könne ihm nicht vergeben.
Buddha aber sagte: "Schau, die Person, die du angespuckt hast, ist jetzt nicht mehr hier, und die Person, die gespuckt hat, ist auch nicht mehr hier. Sollte ich die Person, die du angespuckt hast, treffen, so werde ich sie bitten, dir zu vergeben." Dann sagte er noch: "Unser Geist ist wie ein Fluss. Du kannst deinen Fuß nicht zweimal in dasselbe Wasser eintauchen."

Unser Leben ist wie ein Fluss, nicht wie ein stillstehender See. Es fließt ununterbrochen. Die Zeit fließt, und unser Geist fließt ebenfalls. Wir sind jeden Tag neu. Wenn du diese Philosophie und diese Wissenschaft des Geistes anerkennst, dann weißt du, dass es nichts zu vergeben gibt und niemanden gibt, dem man vergeben oder den man bedauern müsste. Bei dieser höheren Wissenschaft gibt es weder Opfer noch Täter.

Opfer und Täter sind zwei Krankheiten des Geistes.

Fühlen wir uns als Opfer, so belasten wir unseren eigenen Geist. Und wenn wir uns als Täter wahrnehmen,  so belasten wir unseren eigenen Geist ebenfalls. Wir müssen diese Denkweisen also beide überwinden.

Weißt du, dass durch Art of Living eine halbe Million Gefängnisinsassen transformiert wurden? Ich habe mit vielen Gefängnisinsassen im Gefängnis gearbeitet. Wenn du mit Gefangenen sprichst, so erzählen sie dir, dass sie nicht sie selbst gewesen seien, als sie den Fehler begangen hätten. Hast du auch schon einen Fehler begangen? Würdest du es mögen, wenn jemand an deinem Fehler festhalten würde? Was würdest du dir wünschen? Du würdest dir wünschen, dass die Menschen diesen Fehler, den du zu einem bestimmten Zeitpunkt aus Mangel an Gewahrsein begangen hast, loslassen und weitergehen könnten, nicht wahr?

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